Kopfgelenktherapie nach Picard
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Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom (ADS)

ADS-Kinder entwickeln sich nach Kopfgelenktherapie für Eltern und Lehrer überraschend zu ruhigen, aufmerksamen, sozial ausgeglichenen Kindern. Das erste, was Eltern meist bemerken ist: „Unser Kind schläft besser!“ Interpretiert könnte dies bedeuten, dass die Kopfgelenkasymmetrie anhaltende Perfusionsstörungen auch des Schlafzentrums durch ständige Dehnungen der Wirbelarterien (Aa. Vertebralis) auf Höhe des Atlasbogens bewirkt. Im jungen Alter schlägt die Versorgungsminderung der älteren Hirnareale (Stammhirn, Kleinhirn) zu buche, weil diese ständig im Tages- und Nachtverlauf gedehnt werden.

Dieser Vorgang findet bei symmetrischer Digastricus-Muskelführung nicht statt. Wer schon als Kind die Umlagerung des linken hinteren Digastricus-Muskelbauches als prophylaktische oder therapeutische Maßnahme bekommen hat, entwickelt vermutlich erst gar keine Skoliose und dessen Durchblutung zum Rhombencephalon bleibt weitestgehend konstant. Der Atlasschleifenmechanismus, der trotz Kopfdrehungen für einen möglichst gleichbleibenden Blutfluss zu sorgen hat, ist voll funktionsfähig. Das hat zur Folge, dass das Kind beim Wachsen keine Defizite aufweisen wird.

Die Prae-post-Aufnahmen weisen folgende Änderungen auf: Es fällt am stärksten auf, dass die sehr ausgeprägte Kopfvorhaltung einer Senkrechthaltung des Kopfes weicht, der Schulterhochstand links wandelt sich in einen Schultergleichstand.
Drehwinkelmessungen vor und nach Kopfgelenktherapie: Erste Spalte: horizontale Drehung (L, R), zweite Spalte: Seitneigung (SL, SR), dritte Spalte: Beugung/Streckung (B/S). Erste Zeile: vor Digastricus-Muskelumlagerung, zweite Zeile: nach Muskelumlagerung und vibratorischer Massage, dritte und vierte Zeile: zweiter Termin; fünfte Zeile: dritter Termin. Unten: Schriftlicher Kommentar: "Ich gehe mit meinem Freund Rehnaldo reiten." Kommentar zur ersten und zweiten Zeile: Die Drehung nimmt nach Therapie um 3% ab, die Drehung nach links nimmt um 17% ab, die Drehung nach rechts hingegen um 11,7% zu. Die Seitneigung nimmt nach Therapie insgesamt um 18% zu; die Linksseitneigung um 27%, die Rechtsseitneigung um 9%. Die Beugung nimmt nach Therapie um 23%, die Streckung um 42,8% zu. Über alle drei Parameter hinweg findet eine Drehwinkelerweiterung von 16% statt. Die Entwicklung der Drehwinkelwerte weist deutlich auf die bestehende, verschlimmerte Kopfgelenkasymmetrie hin, die im Zuge der Digastricus-Muskelumlagerung aufgehoben wurde. Die Digastricus-Muskelumlagerung hatte sich über die weiteren Termine - erkenntlich an den symmetrischen Drehwinkelwerten bei der horizontalen Drehung und der Seitneigung sowie der erweiterten Beugung und Streckung - hinweg als stabil erwiesen.

(1) Die Behandlung eines am 14.3.1997 geborenen Jungen fand am 2.7.2008 statt. Die Mutter erläuterte das Beschwerdebild folgendermaßen: 

Die Lehrerin hat mich angesprochen, dass er sich nicht konzentrieren kann in der Schule, dass er Sachen weiß und im nächsten Moment sind sie weg. Er ist sehr leicht ablenkbar, teilweise aggressiv, von seinen Mitschülern schlecht angenommen, weil er immer recht haben will. Also ganz komisch zwischen schüchtern und aufbrausend, er kann sich selbst schlecht kontrollieren, und die Lehrerin hat gemeint, wir sollten mit ihm in die Spezialklinik gehen und ihn auf ADS und Hyperaktivität testen lassen.... was ich nicht machen wollte.

Ihr Sohn kommentierte dazu folgendes:

Also manchmal habe ich schon ein bisschen Kopfschmerzen, da... ein bisschen, immer so... 

Die Mutter berichtet, ihr Sohn sei bezüglich des schulischen Lernstoffes unaufmerksam und kaum leistungsfähig, in seinem sozialem Umfeld verhalte er sich sehr unsicher und befinde sich in einem seltsam anmutenden Wechselspiel zwischen scheuem Rückzugs- und aufbrausendem Angriffsverhalten, weise also eine leichte Störung der Impulskontrolle auf, was bei der Lehrerschaft den Verdacht aufkommen ließ, er leide am ADS-Syndrom. Nach Therapie kommentierte der Junge die Therapiewirkung folgendermaßen: 

Mir geht es ein bisschen besser, weil ich fühle, dass ich wieder ein bisschen mehr Gleichgewicht habe... und so... und dass ich das schon wieder ein bisschen besser bewegen kann. Also das finde ich schon wieder besser bei mir.

Der Junge hatte aufgrund der Therapie eine wesentliche Änderung bezüglich Gleichgewicht und Beweglichkeit bemerkt. Beim zweiten Termin, am 16.5.2008, berichtete die Mutter folgendes über ihren Sohn: 

Diese Demutshaltung ist weg, er steht gerader da, selbstbewusster. Traut sich wieder raus, an anderen Kindern vorbei, wo er vorher dazu nicht das Selbstbewusstsein hatte. Er ist nicht mehr so hibbelig beim Fernsehschauen, er ist ruhiger. Dann dieses Kleinkindhafte, das hat er ziemlich abgelegt. Und von der Konzentration her ist er, denke ich, einfach besser geworden.

Der Junge kommentierte an diesem Tag folgendes: 

Also mir geht es auch schon wieder ein bisschen besser, ich finde schon, dass ich wieder ein bisschen ruhiger werde, dass ich wieder mehr Vertrauen hab, dass ich nicht mehr so viel Angst hab, und dass ich mich mal wieder mal mehr was traue.

Nach kaum einem Monat wird von der Mutter berichtet, ihr Sohn halte dauerhaft eine deutlich bessere und qualitativ andere Körperhaltung ein, er sei von einer ausgeprägten Kopfvorhaltung ("Demutshaltung") zu einer Geradhaltung übergegangen ("er steht gerader da"), was sich nach ihrer Beobachtung unmittelbar in ein stärkeres Selbstbewusstsein und höheres Konzentrationsvermögen übersetzt habe. 

Beim dritten Termin, am 6.6.2008 berichtete die Mutter folgendes: 

Das Entscheidende ist, dass mein Sohn freiwillig und alleine seine Hausaufgaben macht und auch richtig macht, dass er sich wieder mehr heraus traut: Er fährt auf Plätze, wo er sich früher nie hingetraut hätte, alleine. Und seinem Erzfeind hat er beim Autoscooter Saures gegeben (lacht). Dann hat er einen Freund gefunden, der ihm sehr ähnlich ist, und sie haben ein neues Hobby entdeckt, die beiden, das Reiten, das macht ihnen sehr, sehr viel Spaß.

Sechs Wochen nach Therapie schildert die Mutter, ihr Sohn zeige in schulischen Dingen Ausdauer; er habe die frühere, soziale Ängstlichkeit vollkommen abgelegt. Insbesondere sei er bei einer kämpferischen Begegnung seinem Hauptkontrahenten auf dem Rummelplatz deutlich überlegen gewesen. Der Sohn schilderte lebhaft, wie er beim Autoscooter seinem Erbfeind kräftig eins ausgewischt habe. Offenbar hat sich die verbesserte Kopf-Rumpf-Beziehung auch dahingehend ausgewirkt, dass ihm bei mehrfachen Zusammenstößen nicht schwindelig geworden war und er den Gegner gründlich verwirren konnte; auch wurde berichtet, er reite nun gern. Letzteres weist darauf hin, dass die bei ADS häufige Gleichgewichts-Problematik einer guten Kopfkontrolle und sicherem Gleichgewichtssinn gewichen war. Nach einer zweijährigen Beobachtungszeit remittierte die ADS-Symptomatik vollständig beim nun 13-jährigen Jungen. Die Mutter teilte mit, dass ihr Sohn sich konzentrieren könne, ruhig und sozial kompetent erweise. Im einzelnen berichtete sie folgendes:

Die ADS-Symptome seien wesentlich zurückgegangen („Meinem Sohn geht's wunderbar“). Die Schlafqualität sei gut, er sei inzwischen 1,60 m groß („in die Höhe geschossen“) und halte sich sehr gerade. Sein sozialer Umgang mit anderen Kindern habe sich verbessert, er sei selbstbewußter gegenüber Gleichaltrigen („vier beste Freunde“) und habe auch die soziale Ängstlichkeit gegenüber Erwachsenen vollkommen abgelegt, bleibe bei der Verteidigung seiner Interessen ruhig und wiederhole seine Argumente sachlich („wenn ihm etwas nicht paßt oder ungerecht erscheint, dann redet er auch“). Hausaufgaben mache er gerne und arbeite dabei im voraus („auch wenn er die Schulaufgaben nicht braucht, er macht's“). Er habe in allen Fächern einen sehr guten Notenspiegel und auch in Mathematik keine Schwierigkeiten; die Leistung zu halten, strenge ihn – im Gegensatz zu früher – nicht an („also das alles ohne lernen“).

Der langfristig positive Verlauf, der ab Therapiezeitpunkt eingesetzt hatte, weist auf, dass die Kopfgelenktherapie bei diesem Kind wahrscheinlich ursächlich indiziert war. 

Beugung und Streckung vor und nach Kopfgelenktherapie: Bei bestehender Kopfgelenkasymmetrie ist die Beuge- und Streckfähigkeit stacksig und reduziert (40° in beide Richtungen). Bei symmetrischer Digastricus-Muskelführung, nachdem die Kopfgelenkasymmetrie aufgehoben wurde, ist die Beuge- und Streckfähigkeit fließend und stark erweitert (Beugung 50°, Streckung 75°). 

Horizontale Drehwinkelwerte: Erste Zeile vor Therapie, zweite Zeile nach Therapie. Jeweils erster Wert: Horizontale Drehung in Graden, zweiter Wert: Seitneigung in Extremrotation, dritter Wert: Beugung in Extremrotation

Auffällig ist die stärkere horizontale Drehung nach links vor Therapie. Somit stehen zu Beginn Atlas und Kopf in Bezug zum unteren Achsenskelett nach links gerichtet. Außerdem sind Seitneigung (mittlerer Wert) und Beugung (dritter Wert) in Extremrotation nach rechts deutlich erhöht, was auf eine Belastung der ligamentären Strukturen (u.a. rechte Flügelbänder) hinweist. Die linken Strukturen werden gar nicht belastet. 

Aufgrund der Digastricus-Muskelumlagerung symmetrisiert sich die horizontale Drehung, die Seitneigung und Beugung in Extremrotation nach rechts reduzieren sich dabei auffällig. Zusätzlich taucht eine verstärkte Beugung in Extremrotation bei der Drehung nach links auf. Beim zweiten Termin ist eine beinahe vollkommen gleichmäßige Belastung der  ligamentären Strukturen zu erkennen. 

Interpretiert bedeutet dies, dass aufgrund der Digastricus-Muskelumlagerung die Nach-links-Gerichtetheit von Atlas und Kopf mit ausschließlicher Belastung der rechten ligamentären Strukturen aufgehoben ist zugunsten einer Gerade-Gerichtetheit von Atlas und Kopf bei seitengleicher  Belastung der ligamentären Strukturen (vgl. auch Kopfdrehungsmessung und  Studie).


(2) Ein am 1998 geborener Junge wurde am 26.8.2008 behandelt. Anamnestisch wurde folgendes notiert:

KISS-Syndrom nach Saugglockengeburt; Krankengymnastik ab dem Alter von drei Monaten (für 6 Monate). Phasenweise Aufmerksamkeitsprobleme, Hyperaktivität. Hat Logopädie, Malschule gemacht.

Der Junge hatte aufgrund einer schweren Geburt eine verschlimmerte Kopfgelenkasymmetrie, die bereits vor der Vertikalisation behandlungswürdig war. Später geriet jene als Aufmerksamkeitsdefizit-Störung in den Fokus. Therapieversuche waren in Gang. Auf die Frage, wie er sich nach DIgastricus-Muskelumlagerung fühle, antwortete er:

Als ob das ganz leicht wäre und als ob der Hals hier gar nicht da wäre und als ob man mich biegen könnte. Wie der Gummimensch (nimmt eine hölzerne Gelenkpuppe auf), den man hier so und so biegen kann (verbiegt die unteren Gliedmaßen der Puppe).

Beim zweiten Termin am 9.9.2008 schilderte er seinen Zustand rückblickend folgendermaßen:

Mir geht es eigentlich nicht viel anders als sonst. Ich kann halt nur so den Kopf nach hinten und so zur Seite (demonstriert die Drehung nach rechts) und auch zu der Seite (demonstriert die Drehung nach links); mehr eigentlich nicht. Und eigentlich auch merke ich nichts mehr.

Er berichtet zunächst von einer für ihn überraschenden Biegsamkeit, die sich sogar auf den ganzen Körper bezog. Zwei Wochen später berichtet er, dass sich diese allgemeine Biegsamkeit zurückgebildet habe und dass er mit Ausnahme der erhöhten Kopfdrehung nichts besonderes verspüre. Der normale physiologische Vorgang beim Kind ist, dass es zunächst eine neue Gelenkigkeit verspürt, die sich im weiteren Verlauf verflüchtigt. Bei ihm stellte diese stark erinnerliche Überbeweglichkeit aber einen Hinweis auf geschwächte kurze Nackenmuskulatur dar (vgl. Drehwinkel-Entwicklung).

Vorderansicht des Jungen vor (grau) und nach (sepia) Kopfgelenktherapie; links ohne Markierung, rechts mit Markierung

Man bemerkt vor Therapie eine deutliche Kopfseitneigung nach rechts, die sich nach Therapie tendenziell auflöst; einen Schulterhochstand links, der einer verhältnismäßig stark herab gesunkenen linken Schulter weicht.

  • Bei ausgeprägter Kopfgelenkasymmetrie und kindlichem Muskelstatus neigt der Kopf in der Regel nach rechts; eine weitere Auswirkung der Kopfgelenkasymmetrie besteht darin, dass die linke Schulter nach oben und nach innen gezogen wird.
  • Nach Therapie steht der Kopf mit dem Rumpf nach Maßgabe der muskulären Ausstattung in einer Flucht und die linke Schulter sinkt herab. Geradhaltung des Kopfes und Schultergleichstand werden sich heraus stellen, sobald sich die Muskulatur mit der Zeit symmetrisieren konnte.
Drehwinkelwerte vor und nach Digastricus-Muskelumlagerung. Erste Zeile vor Umlagerung, zweite Zeile nach Umlagerung. Erste Spalte horizontale Drehung, zweite Spalte Seitneiung, dritte Spalte Beugung/Streckung
  • Die Drehung nimmt nach Therapie um 10,5% zu, die Drehung nach links um 17,3%, die Drehung nach rechts um 4%. Der L/R-Quotient beträgt vor Therapie 0,86 (d.i. Linkseinschränkung der horizontalen Drehung), nach Therapie 1,00 (Symmetrisierung).
  • Die Seitneigung nimmt nach Therapie insgesamt um 28,7% zu; die Linksseitneigung um 37,5%, die Rechtsseitneigung um 20%. Der SL/SR-Quotient beträgt vor Therapie 0,78 (Linksseinschränkung der Seitneigung), nach Therapie 1,00 (Symmetrisierung).
  • Die Beugung nimmt nach Therapie um 10,3%, die Streckung um 20,8% (!) zu.

Über alle drei Parameter hinweg findet eine Drehwinkelerweiterung von 18,9% statt. Die Entwicklung der Drehwinkelwerte weist deutlich auf die vormalige, verschlimmerte Kopfgelenkasymmetrie hin, die im Zuge der Digastricus-Muskelumlagerung aufgehoben wird: Ausgehend von einer Linkseinschränkung bei der horizontalen Drehung, stellt sich Symmetrie auf einem höheren Niveau ein. Die Seitneigung ist vor Therapie ebenfalls linkseingeschränkt und symmetrisiert sich. Die extreme Zunahme der Streckung und der Nebenwerte (Seitneigung und Beugung in Extremrotation) deuten darauf hin, dass die kurze Nackenmuskulatur aufgrund der langjährigen verschlimmerten Kopfgelenkasymmetrie eine relative Schwächung erfahren hatte. Die vom Jungen wahrgenommene Überbeweglichkeit bildet sich in der Drehwinkel-Entwicklung deutlich ab.



Aus kopfgelenktherapeutischer Sicht ist das Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom eine Kopfgelenkasymmetrie bedingte Störung des Kopf-Hals-Übergangs mit weitreichenden Folgen: Im Vordergrund steht in der Regel die chronische Durchblutungsstörung der älteren Hirnareale, die die basale soziale Regulation und das Konzentrationsvermögen eindämmen (wie beim ersten Jungen dargestellt), eher im Hintergrund sind die Auswirkungen der Verwringung des Achsenskeletts, die ernst zu nehmende orthopädische Entwicklungen verursachen (wie beim zweiten Jungen dargestellt). Bei beiden Jungen fand eine Linderung der Symptomatik statt: Beim ersten Jungen wurde eine langfristig sich auswirkende Verbesserung der sozialen Regulation und des Konzentrationsvermögens fest gestellt, beim zweiten Jungen eine ad hoc auftretende Optimierung der orthopädischen Situation. Beide Aspekte sollten aber immer zusammen gesehen werden. Es lohnt sich zur Förderung und Sicherung der kindlichen Entwicklung, in regelmäßigen Abständen auf die symmetrische Digastricus-Muskelführung zu achten.