Kopfgelenktherapie nach Picard
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Physiologische Effekte der Kopfgelenktherapie

Links vor Therapie, rechts nach Therapie. Das rote Stück symbolisiert die Halsschlagader, das blaue die Drosselvene. Ersichtlich wird, dass der vor Therapie nach vorne drängende Atlasfortsatz nach Therapie weiter hinten zu liegen kommt und viel weniger Druck auf den Parapharyngealraum ausübt. Folglich optimiert sich die Versorgung über die genannten Hauptgefäße; die dort entlanglaufenden Nervenbahnen (z.B. Nn. vagus et glossophayngeus) dekomprimieren.

Die Umlagerung des linken hinteren Digastricus-Muskelbauches ist eine vollkommen risikolose Maßnahme und fördert dauerhaft die linksseitige Durchblutung und Innervation, weil der umgelagerte linke hintere Digastricus-Muskelbauch fortan im Sinne einer Bremse gegenüber dem nach vorne drängenden Atlas wirkt. Der Druck auf den Parapharyngealraum nimmt ab Behandlungszeitpunkt bedeutend ab, was u.a. für den Clusterkopfschmerz relevant ist.

Außerdem stabilisiert sich der Atlasschleifenmechanismus und ist fortan nicht mehr muskulär bedingt zu beeinflußen. Die Versorgung der älteren Hirnareale (Stammhirn, Kleinhirn) ist ohne den Digastricusdruck besser gesichert. Die über die Wirbelarterien gesicherte Durchblutung ist für den Formenkreis der Migräne bedeutsam.

Bezüglich der linksseitig stark geförderten Durchblutung verlautbarte eine Patientin gleich nach Therapie: "Es hat sich so angefühlt wie wenn plötzlich etwas hoch geht hier an der Seite, wie so ein Strom, ja, als wenn fast der Kopf an der Seite hoch geht. Frischer Wind!..."


Das Zungenbein (siehe Bild oben) ist ein halbrunder Knochen, an dem der Schlund gleichsam hängt. Es wird bei jedem Schluckakt zur Schließung der Luftröhre durch die Mundbodenmuskulatur (siehe Bild unten) bewegt. Der Digastricus ist am Schluckakt mitbeteiligt.

Die Kopfgelenkasymmetrie führt auch dazu, dass die Mundbodenmuskulatur, die den Schluckakt reguliert, sich links weiter oben befindet als rechts. Der Digastricus ist dabei insbesondere für die Anhebung des Zungenbeins und damit des gesamten Schlundes zuständig. Durch diese Bewegung wird der vor dem linken hinteren Digastricus-Muskelbauch befindliche Atlasfortsatz ständig nach oben in Richtung Unterschläfengrube gedrückt. Die  Kompression des Inhaltes der Unterschläfengrube kann zu Trigeminusschmerzen führen. Am zweiten Tag nach Therapie verlautbarte ein Patientin mit Trigeminusneuralgie folgendes: "Heute: Dienstag, Kopf immer noch gut und das nach 25 Jahren mit Schmerzen."

Außerdem führt die Kopfgelenkasymmetrie dazu, dass der Mund asymmetrisch geöffnet wird. Die Kaumuskulatur kann die Öffnung des Mundes nicht symmetrisch einleiten, weil der linke Atlasfortsatz ein Raumforderung auf den Unterkiefer ausübt und damit die Funktion des Musculus pterygoideus lateralis stört. Die asymmetrisch getätigten Kiefergelenke können manchmal zu Kieferschmerzen führen, wenn sensible Nervenbahnen unter Druck geraten.

Bezüglich der veränderten Lage der linksseitigen Mundbodenmuskulatur und des Unterkiefers verlautbarte ein Patient folgendes: "Wie fühl ich mich, anders gerader und wesentlich entspannter, auch hier in dem Bereich (streicht beidseitig über den Unterkiefer entlang nach unten), fühlt sich so an, als ob diese Seite runtergefallen ist (zeigt intensiv auf linkes Kiefergelenk), hier, der Kiefer, fühlt sich runtergefallen an, tatsächlich,... ansonsten fühlt es sich sehr komisch an, man kann es sonst nicht beschreiben, was da sonst passiert ist, fühlt sich nicht schlecht an, fühlt sich gut an..."


Wirbelsäulenmodell: Links vor Therapie, rechts nach Therapie. Die Digastricus-Muskelumlagerung bewirkt eine Aufhebung der bisherigen Versteifung und Verwringung, so daß eine Begradigung und Lockerung stattfindet.

Das Achsenskelett und seine Muskulatur werden funktionell symmetrisiert: Ab Therapiezeitpunkt ergeht bei bestehender Skoliose ein stetiger Symmetrieimpuls wirbelsäulenabwärts und führt zu einer Begradigung der Wirbelsäule im Rahmen der morphologischen Möglichkeiten.

Vergleichbar mit einem Kran (die Säule der aufeinanderliegenden Wirbelkörper), der statt nur einen, links und rechts Seilzüge hat (Muskelzüge entlang der Wirbelsäule), würde es zum Einsturz der tragenden Säule (Verbiegung und Verwringung der Wirbelsäule) kommen, wenn ein auch nur kleiner Zugunterschied zwischen linkem und rechtem Seilzug bestünde. Der Konstrukteur würde sich beeilen, die Seilzugkräfte symmetrisch einzustellen. 

Bezüglich der Wirbelsäule entwringenden Wirkung der Kopfgelenktherapie schrieb eine Patientin (*1957) gleich nach Therapie: "Ich fühle mich leicht wie eine Feder, die Schmerzen sind weg und gelockert. Schon bei der Behandlung habe ich die Begradigung und Streckung gefühlt."  Drei Wochen später verlautbarte sie: "Das wesentliche ist, ich bin einfach gerade! Früher hat mein Partner mich immer versucht, gerade zu setzen, weil ich da immer so einen kleinen Buckel hatte, die Biegung hinten an der Wirbelsäule, wie so ein Schulkind in der Klasse, das ging aber nie lang und ich hing wieder durch. Und jetzt: Ich kann mich gar nicht mehr krumm setzen! Das geht gar nicht mehr! Ich bin von ganz alleine gerade. Man ist gerade wie mit einem Stock im Kreuz, nur ohne Stock! Es ist auf einmal eine natürliche, gerade, aufrechte Haltung. Das war wie ein kleines Wunder, ich konnte es selbst nicht verstehen."

Rückenansicht eines Vierzehnjährigen: Vor Therapie ist die Cock-Robin-Position deutlich erkennbar, nach Therapie ist sie aufgelöst. Die linke Schulter wird sich aufbauen, die rechte im Tonus mindern. Die Anpassung dauert von einem halben bis zu einem ganzen Jahr.

Diese empfindungs- und erlebnismässige Kommentierung belegt deutlich, dass bei dieser Patientin eine Entwringung und Streckung der Wirbelsäule und Lockerung ihrer Muskulatur statt gefunden hat. Eine so starke und über Wochen anhaltende Euphorisierung über den neuen Zustand findet nicht immer in diesem Maße statt und tritt auch nicht immer so deutlich ins Bewußtsein, ist jedoch stets zumindest unterschwellig vorhanden und abrufbar. Zum Beispiel war ein junger Mann, der ohne nennenswerte Indikation die Kopfgelenktherapie durchführen ließ, begeistert: "Meine Verspannung im Rücken hat wesentlich nachgelassen, man hat das Gefühl den ganzen Rücken runter ziehend und es ist ein absolut tolles Gefühl, muss man einfach selber gemacht haben und erlebt haben, also das ist fast wie wenn man neu geboren wurde."

Palpierbar ist nach Therapie regelhaft, dass der obere Schultergürtel und die kurze Nackenmuskulatur weicher werden und sich harmonisieren. Vor Therapie druckschmerzhafte Stellen (z.B. Ansätze des Musculus levator scapulae und Musculus semispinalis capitis) sind nach Therapie weniger druckschmerzhaft.

Seitenansicht von links des Vierzehnjährigen: Links vor Therapie, rechts nach Therapie. Man erkennt, dass die Schultern vor Therapie weiter vorne liegen als nach Therapie, die Schultervorhaltung ist aufgehoben.

In der Regel hebt sich eine unterschwellig oder gar  deutlich wahrnehmbare vorhandene Verkippung und Verdrehung des Kopfes auf (siehe Bild).  Die asymmetrische Digastricus-Muskelführung führt dazu, dass der Kopf sich einerseits nach rechts hinten neigt, sich gleichzeitig aber auch nach links dreht. In der Literatur wird dies als Cock-Robin-Position bezeichnet. Die Kopfhaltung erinnert an die eines Rotkehlchens, das auf einen Wurm wartet. Die symmetrische Digastricus-Muskelführung führt zu einer erhöhten und leichteren Beweglichkeit des Kopfes.

Seitliche Aufnahmen eines Jungen vor und nach Kopfgelenktherapie: Die kopfgelenkasymmetriebedingte Kopfvorhaltung weicht einer Geradhaltung des Kopfes

In der Seitenansicht ist bei Kindern oft deutlich wahrnehmbar, dass die Kopfvorhaltung einer Geradhaltung des Kopfes weicht, die kyphotische Steilstellung der Halswirbelsäule lässt nach und es tritt eine Lordosierung derselben auf. 


 

Mit der Kopfgelenktherapie steht ein Therapeutikum zur Verfügung, mit dem

  • eine chronifizierte und manchmal sehr schmerzhaft gewordene Kopfvorhaltung,
  • eine Verwringung der Kopf-Rumpf-Beziehung,
  • eine Verwringung und Versteifung der Wirbelsäule,
  • Beckenschiefstände und Beinlängenunterschiede,
  • Perfusionsstörungen (u.a. Halsschlagadern, Wirbelarterien),
  • Kiefergelenkstörungen und asymmetrische Kieferbelastung,
  • Kompressionsphänomene in der Unterschläfen- und Flügel-Gaumen-Grube sowie
  • Lymphstauungen am craniozervikalen Übergang

wahrscheinlich dauerhaft aufgehoben werden können. Von daher darf es nicht wundern, wenn die Liste der Indikationen lang ist.

Die Kopfgelenktherapie als Grundtherapie mildert bestehende Krankheitsentwicklungen zunächst unspezifisch ab und gibt den Weg frei für weitere, auf das verbleibende Krankheitsbild abgestimmte, therapeutische Verfahren.